Auf dieser Seite könnt Ihr erfahren, wo und wann ich schreibe, wie mein Doppelleben als Tierärztin und Autorin so aussieht und was Drumherum noch so passiert.
Ich schreibe mit der Hand. Mit einem Kugelschreiber in eine Kladde, Seite für Seite. Die Schrift lässt zu wünschen übrig; je schneller ich schreibe, desto schlimmer wird es. Fast unleserlich. Wenn mir ein Wort noch nicht ganz gefällt, dann mache ich Wellenlinien darunter. Manchmal fehlt eins ganz, dann halten die Wellen einen Platz. Nur wenn ich mit der Hand schreibe, kann die Geschichte fließen. Und reißt mich mit.
"Du musst tippen lernen, damit es effektiv wird", hat einer gesagt. Aber ich steige doch auch nicht auf mein Pferd und nehme dann den kürzesten Weg zurück zum Stall. Ich will das Schreiben genießen und das kann ich am besten so. Stift, Papier und ich.
Natürlich tippe ich irgendwann doch. Schon allein, damit es lesbar wird. Wenn die Handversion eines Kapitels fertig ist, setze ich mich an den Laptop. Das ist die erste Überarbeitung. Ich kann den Sätzen nachspüren, über Wellenworte nachdenken und streichen oder tauschen. Dialoge schreibe ich meistens erst wie ein Abhörprotokoll. Jetzt ist der Moment, sie in Form zu bringen und Beobachtungen zu ergänzen. Wenn ich zufrieden bin, dann möchte ich das Geschriebene am liebsten sofort teilen. Ich habe aber inzwischen gelernt, dass es einem Text auch gut tut, ein wenig zu ruhen, bevor er gelesen wird. Diese Geduld musste ich erst lernen.
Ich hatte einen kleinen, unaufgeräumten Schreibtisch im Schlafzimmer. Ich habe ihn nie benutzt. Eigentlich war er auch mehr ein Sammelplatz für meinen Schreibkram: Kladden, Notizen und Karteikarten, ausgedruckte Textseiten, Kugelschreiber und den Laptop. Mein wirklicher Arbeitsplatz ist die Wohnzimmercouch. Und zwar ganz genau der Winkel in der L-Form, da sitze ich einfach perfekt. Der ganze Kram vom ehemaligen Schreibtisch liegt dabei gern mal zu meinen Füßen (und bleibt auch ohne mich da, was meinen nicht ganz so chaotischen Lebenskomplizen Nerven kostet). Im Sommer wandert der Arbeitsplatz auch mal in den Garten. Und einmal in der Woche zum Co-Working in die kleine Lederwerkstatt meiner Freundin Christina. Wenn mir die Decke auf den Kopf fällt, dann ziehe ich mit meinem Schreibzeug aus in ein Café am Wasser. Wo ich schreibe, ist also gar nicht so wichtig. Aber bitte nicht stören, dann höre ich eh nicht zu oder werde auch mal kurz mürrisch.
Wenn ich an einem Roman arbeite, gehören drei Vormittage in der Woche der Schreiberei. Das nehme ich ernst. Ausnahmen gibt es nur selten, z.B. wenn ein Termin sich gar nicht anders legen lässt oder als Belohnung, wenn ich mit meinem Schreibprojekt gut vorangekommen bin. Das ist verhältnismäßig wenig Zeit, aber dadurch nutze ich sie sehr intensiv und fokussiert. Für Bleib doch, wo ich bin musste ich sogar mit deutlich weniger Wochenschreibzeit auskommen, weil mein Sohn damals noch nicht im Kindergarten war. Ich kann zwei bis drei Stunden am Stück voranschreiben, dann ist meistens die Luft raus. Den Rest der Zeit nutze ich für Aus- und Überarbeitung, Abtippen oder Strukturieren und für Plot und Plan.
Manchmal stehen andere Aufgaben im Vordergrund: Vorbereitung der Schreibkurse, Homepage-Gebastel, Social Media, Buchmarketing und all die E-Mails. Ob ihr es glaubt
oder nicht: Das macht mir (fast) so viel Spaß wie das Schreiben selbst.
Ich starte sofort morgens, sobald die Kinder zur Tür herausgestolpert sind, die Kaffeetasse stelle ich griffbereit ins Bücherregal neben die
Couch (und nicht selten wird der Kaffee kalt).
Ich merke, wenn ich fertig bin. Manchmal habe ich dann noch Zeit zum Einkaufen oder um bei den Pferden vorbeizuschauen. Es kommt aber auch vor, dass ich hektisch
den letzten Satz notiere, weil die Kinder nach Hause kommen oder ich zur Tierarztpraxis aufbrechen muss. Dann beginnt der Familientrubel oder die Sprechstunde mit ganz eigenen Geschichten. Papier
und Stift müssen auf den nächsten Schreibtag warten.
Ich bin Tierärztin. Ich wollte es mit dreizehn schon werden und es ist immer noch mein Traumjob. Angefangen habe ich in einer Großtierpraxis für Rinder und Pferde,
danach habe ich zehn Jahre in einer Gemischtpraxis gearbeitet und viele unterschiedliche Haus- und Hoftiere behandelt. Seit Juni 2019 gehöre ich nun zum fröhlichen Team einer ländlichen
Kleintierpraxis und wir wirbeln gemeinsam durch den Praxisalltag. Meistens macht es großen Spaß, manchmal ist es anstrengend und ab und zu auch traurig. Das gehört dazu. Ich finde, James
Herriot hat es auf den Punkt gebracht:
Animals are unpredictable things, and so our life ist unpredictable. It's a long tale of little triumphs and disasters and you've got really like it to stick
it.
Viele denken, Tierarzt ist ein Beruf mit Tieren. Das stimmt natürlich. Aber fast noch mehr ist es ein Beruf mit Menschen. Denn kein Tier kommt ohne Menschen zu uns
und nicht selten liegt darin die besondere Herausforderung.
Tierarzttage sind lang, man weiß nie genau, wann sie enden. Ich habe eine Teilzeitstelle und arbeite einen ganzen Tag und zwei Nachmittage pro Woche. So bleibt mir
Zeit für Mann und Kinder, Pferde und Freunde und natürlich das Schreiben.
Ohne mein Tierarztleben gäbe es mein Schreiben nicht, da bin ich sicher. Ich könnte nicht nur am Schreibtisch sitzen und mir Geschichten ausdenken. Ich brauche die
Vier- und Zweibeiner um mich herum, die nicht vorhersehbaren Praxistage zwischen Routine und Turbulenzen und die vielen lustigen, spannenden, glücklichen und emotionalen Begegnungen. Ich bin
froh, dass ich diesen Beruf habe und meine Arbeit etwas ist, das mir so viel Freude macht.
Woraus besteht mein Leben noch? Neben Tierarzttagen und Schreiberei, Familie und Pferden verbringe ich gern Zeit mit Freunden. Ich liebe es, alles Mögliche zu
planen und zu organisieren und dafür expressionistische Listen anzulegen. Ich verreise Richtung Sonne und Wasser oder in ein faules Wochenende mit gutem Essen - am liebsten mit unseren Ponys im
Gepäck bzw. im Pferdeanhänger. Natürlich lese ich begeistert und viel. Es gibt keine bestimmte Richtung, ich mag Bücher, die ein bisschen anders sind und mich überraschen.
Ich wünschte, ich könnte jetzt noch eine Sportart erwähnen, aber die Wahrheit ist, dass ich nicht sonderlich sportlich bin. Ich kann nicht mit Bällen umgehen, renne
wie ein Storch, kann weder kraulen noch Kopfsprung, und für Zumba oder Aerobic fehlt mir jedes Rhythmusgefühl und Choreografiegedächtnis. Wahrscheinlich könnte ich das alles lernen, aber ich will
nicht. Am allermeisten fehlt mir nämlich jeglicher sportliche Ehrgeiz. Man könnte auch sagen, dass ich ein echtes Faultier bin.
Aber einmal in der Woche geht es mit meinem Jungpferd Chapter zur Reitstunde und da wird es für uns beide doch ein bisschen sportlich. Mit Hilfe meiner großartigen
Reitlehrerin arbeite ich an meinem (Körper-)Gefühl und Timing, verbessere und verfeinere die Kommunikation mit Chapter und stelle mich abwechslungsreichen Herausforderungen. Immer nehme ich dabei
auch etwas für das Leben jenseits des Pferderückens mit.
Ich liebe es, Menschen kennenzulernen und ihre Geschichten zu hören. Ich glaube, das ist es, was all meine Seiten verbindet.
"Und dann muss man ja noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen." (A. Lindgren)